Gekentert vor Griechenland

26.02.2016 00:00

Bildquelle: www.restplatzboerse.at

Meine Frau und ich fahren ja gerne auf Urlaub. Vor allem in den Süden, wie alle Österreicher halt. Und da wieder am liebsten nach Griechenland. Bisher war das kein besonderes Problem. Gut, die Quartiere waren nicht immer ganz so wie am Prospekt. Aber wir waren schon immer tierliebend und haben nichts gegen Kakerlaken und andere zutrauliche Viecherl. Nur heuer ist alles anders:

War früher die Einreise immer völlig formlos und locker, so blickten wir diesmal gleich nach dem Aussteigen aus dem Charterflieger in ein grimmiges Schnurrbartgesicht, das knurrend fragte: „αυστριακός (Österreicher) oder Syrer“? Ich hätte besser „Syrer“ sagen sollen. Da wären wir wenigsten in eins von den chaotischen Auffanglagern gekommen mit Aussicht auf Ausreise nach Germany. Hab´ ich blöderweise nicht.

Der grimmige Schnurrbartträger machte eine verächtliche Handbewegung, so mit Stinkefinger: „Faymann nix gut“! Wir wurden links und rechts am Arm gepackt und zurück zum Rübenbomber gezerrt. „απαγορεύεται η είσοδος“ (No entry) stand auf dem Absperrband, das sie um uns und den Flieger herum zogen. Aber da kennen die Griechen uns schlecht! Richtige Österreicher verzichten nicht auf ihren kostbaren Urlaub mit Sonne, Raki und Tsatsiki! Wir müssen uns also Schlepper organisieren.

In einem unbeobachteten Moment (was bei den Griechen eh meist der Fall ist) schlüpften wir hinter dem Luftschiff durch das Absperrband und rannten schnaufend und schwitzend zum anderen Rand des Rollfeldes. Die Koffer mit der Schminke und Garderobe meiner Frau waren verdammt schwer. Und da warteten sie auch schon, die Schlepper. Wir waren ganz offensichtlich nicht die einzigen von den Griechen ungeliebten Österreicher. Die ganze Truppe, die mit uns aus Graz mitgeflogen war, war schon da. Die Schlepper waren eigentlich recht nett. Sie sagten uns, dass sie uns zu unserer Traumdestination bringen können: Lesbos € 2000,00, Kefalonia € 2500,00, Zakynthos € 3000,00…..

Das traf sich gut. Wir wollten eh nach Lesbos und die Schlepperei dorthin noch am billigsten. Also auf nach Lesbos. Alle anderen wollten das auch. Ein bisserl müssen wir ja doch auf unseren Geldbeutel schauen. Die Schlepper winkten uns mitzukommen. Weit war es ja nicht. In einer Bucht schaukelte ein ziemlich verrosteter Fischkutter. Wir wurden alle da drauf geladen und wir tuckerten los. Nach vier oder fünf Stunden füllte sich von unten der Kahn langsam mit Wasser. Wir wurden ein bisserl nervös. Die Schlepper meinten, unser Gepäck ist zu schwer und sie müssen es über Bord werfen. Meine Frau fing zu heulen an. Ein Urlaub ohne Lippenstift und Puder…..! Schrecklich. Aber es half nichts.

Es wurde langsam dämmrig. Unsere Schlepper hauten ab. Sie verließen das sinkende Schiff. Mit ihnen auch die paar Ratten. Eine steife Brise kam auf. Führerlos schaukelte die Schaluppe auf den immer höher werdenden Wellen. Sie neigte sich langsam zur Seite. Ein paar Wienern unten im stinkenden Frachtraum, wo früher einmal die Fische lagerten, stand das Wasser schon bis zum Hals. Nasse Füße hatten wir aber auch schon. Es muss gegen Mitternacht gewesen sein, als diese Rostschüssel kenterte. Wir alle schwammen im Meer und hielten uns krampfhaft an irgendwelchen Trümmern fest. Meine Frau trauerte inzwischen nicht mehr der verschwundenen Garderobe nach. Sie hatte nun andere Sorgen.

Der Morgen graute. Endlich, endlich wurden wir entdeckt: von der griechischen Küstenwache. Der Käpt´n beugte sich über die Reeling und rief runter: „αυστριακός (Österreicher) oder Syrer“? Diesmal haben wir alle einstimmig „Syrer“ geschrien. Das war unser Glück. Unsere Fingerprints wurden dann später im Auffanglager abgenommen (aber eh nicht gespeichert) und inzwischen sind wir schon unterwegs auf der Balkanroute Richtung Mazedonien. Spielfeld wir kommen!